Andreas Sturm MdL

Schneewittchen und Pitti erfreuten die Herzen

Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm und die 12-jährige Gymnasiastin Cara Kemptner lasen im Caritas Altenzentrum Sancta Maria vor

Plankstadt. Menschen auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduzieren – es ist wohl allzu menschlich, dass dies einem selbst immer mal wieder passiert. Die bekannten Sprüche „Der erste Eindruck zählt“ oder „Kleider machen Leute“ tun ihr Übriges und so sind Menschen ganz schnell in Schubladen einsortiert, in die grundsätzlich niemand gehört.

Cara Kemptner und Andreas Sturm MdLCara Kemptner und Andreas Sturm MdL

Von einem solchen Geschehen erzählt auch die Geschichte „Pitti lächelt“ von Manfred Siebald, welche der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm (CDU) am vergangenen Freitagnachmittag rund 35 Seniorinnen und Senioren im Caritas Altenzentrum Sancta Maria vorlas. Siebald, Sturms ehemaliger Professor für Amerikanistik an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität, hat im Jahr 2008 ein kleines Büchlein veröffentlicht, in welchem 14 von ihm geschriebene Kurzgeschichten zu finden sind.

Eine davon ist „Pitti lächelt“, wobei man sich schon die Frage stellt, wie Pitti, ein älterer Herr, der offenbar als Obdachloser tagsüber seinen Platz in der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität gefunden hat und sein Leben fristet, angesichts seiner Situation überhaupt noch lächeln kann.

„Die meisten Studenten und Professoren drücken sich mit jener Mischung aus Verachtung, Herablassung und Mitleid an ihm vorbei, mit der sich die Spezies Mensch ihre ärmeren Vertreter vom Leibe hält. Ein Fremdkörper ist Pitti hier“, las Sturm vor. So gehen die Tage vorbei, bis es zu einem medizinischen Notfall in der Fakultät kommt und alle Anwesenden um einen jungen Mann herumstehen, der bewusstlos auf dem Boden liegt.

Keiner weiß, was zu tun ist – bis auf Pitti, der von seinem Platz aufgestanden war, dessen sonst immer gebeugte Gestalt sich mit jeden Schritt weiter aufrichtete und dem man plötzlich bereitwillig eine Gasse machte. „Das war nicht mehr die Mitleidsfigur all der Jahre, nicht mehr der scheinbar von seiner Umwelt abgeschottete Penner mit den Wahnvorstellungen. Es war, als hätte jemand in seinem Gehirn einen Hebel umgelegt“, wird die Situation beschrieben.

Pitti entpuppt sich im weiteren Verlauf als „Professor Doktor Peter Gehring“, der frühere Chefarzt der Städtischen Kliniken, der einen „anaphylaktischen Schock“ diagnostiziert, mit dem Rettungswagen telefoniert, das entsprechende Medikament auswählt und mit dem Verabreichen einer Spritze den jungen Mann wieder zu Bewusstsein bringt.

Laut und anhaltend ist der Applaus für Pitti, als der junge Mann von Sanitätern in die Klinik transportiert werden kann. „Mit diesem Klatschen reagierten sich die Anwesenden offenbar nicht nur die Anspannung der vergangenen halben Stunde ab, sondern sie zollten einem Menschen Anerkennung, der das fertiggebracht hatte, was sie alle gern getan hätten. Vielleicht war es auch eine verschämte Wiedergutmachung für die häufigen unverschämten Bemerkungen, mit denen sie dieses Stück gesellschaftlichen Abfalls innerlich bedacht hatten“, las Sturm weiter.

Warum der Professor überhaupt zum Obdachlosen wurde – das traute sich niemand ihn zu fragen. Pitti kehrte nach erfolgreichem Wirken zu seinem Platz zurück, „mit jedem Schritt schien er ein Stück seiner Autorität abzugeben, seine Haltung wurde krummer, sein Blick abwesender“, bis er wieder auf einem Stuhl am Fenster saß, lächelte und vor sich hinredete.

Pittis Geschichte war damit zu Ende, der Vorlesetermin allerdings noch nicht, denn Sturm hatte die 12-jährige Schülerin Cara Kemptner dafür gewinnen können, ebenfalls im Caritas Altenzentrum vorzulesen. Sturm hatte Kemptner im vergangenen Jahr kennengelernt und auch in den Landtag nach Stuttgart eingeladen, da sie den landesweiten Vorlesewettbewerb aller sechsten Schulklassen in Baden-Württemberg gewonnen hatte.

Auch in der von Kemptner ausgewählten Geschichte, dem Märchen „Schneewittchen“ der Brüder Grimm, welches der amerikanische Autor Chris Colfer in seine erfolgreiche Buchreihe „Land of Stories“ aufgenommen und bearbeitet hat und aus welchem die Gymnasiastin vorlas, geht es letztlich um die Optik.

Schneewittchen ist eine wunderschöne Prinzessin und gerade ihre außergewöhnliche Schönheit – eine Haut so weiß wie Schnee, Lippen so rot wie Blut, Haare so schwarz wie Ebenholz – sollte ihr fast zum Verhängnis werden, da ihre Stiefmutter, „die böse Königin“, wie sie vom Volk genannt wird, ihr dies neidet.

Als ein magischer Spiegel auf die Frage „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ der Königin antwortet „Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr“, da brennen bei der Königin alle Sicherungen durch und Mordgelüste bei ihr entfacht.

„Ihr Unmut erreichte unbekannte Ausmaße“, las Kemptner vor und berichtete von mehreren Versuchen der Königin, Schneewittchen für immer zu beseitigen, was aber auch dank der sieben Zwerge, bei welchen Schneewittchen im Wald wohnt, scheitert.

Am Ende wurde aber alles gut: Schneewittchen heiratet den Prinzen, die Zwerge werden zu Rittern geschlagen und die böse Königin wandert in den Kerker – und das auch noch, ohne einen Spiegel dorthin mitnehmen zu dürfen. „So lebten die beiden glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“ schloss Kemptner ihr Vorlesen unter dem langanhaltenden und kräftigen Applaus ihres Publikums, das sie nicht ohne eine Zugabe von der Bühne gehen ließ. Hierfür wählte die Schülerin das Märchen „Der Froschkönig“ aus.

„Toll hat sie vorgelesen“, rief eine Zuhörerin und eine Heimbewohnerin ging im Anschluss zu Kemptner und sagte: „Ich habe früher mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Das war wirklich sehr gut, mach´ so weiter.“

Auch Heimleiterin Martha Trautwein freute sich sehr über den Auftritt von Sturm und Kemptner: „Das war hier ganz ruhig, alle haben ganz genau zugehört und mitgefiebert, das war eine geschlagene Stunde volle Konzentration. Das können wir gerne öfter machen.“

Auch dem Landtagsabgeordneten und der Gymnasiastin hatte es gut gefallen. „Wir wollen einfach für ein bisschen Abwechslung sorgen und die Menschen erfreuen“, so Sturm und Kemptner, welche auch in weiteren Seniorenheimen gemeinsam auftreten werden. (Text/Fotos: Matthias Busse)