Andreas Sturm MdL

Interview zur neuen Coronaverordnung in der SZ

Schwetzinger Zeitung, Ausgabe vom 07. Dezember 2021

Interview in der Schwetzinger Zeitung zur neuen Corona-Verordnung vom 04. Dezember 2021 in der Ausgabe vom 07. Dezember 2021 / Antworten von Andreas Sturm MdL



Die neue Corona-Verordnung sorgt durchaus für Verwirrung. Wie empfinden
Sie die neuen Regelungen, die am 4. Dezember in Kraft getreten sind?


Es war dringend notwendig, strengere Regeln zu erlassen, allerdings wäre
die 2Gplus-Regelung ohne die Ausnahme der sechs Monate nach Zweitimpfung
oder nach der Booster-Impfung nicht praktikabel. Ich finde es nicht vertretbar, dass Buchhandlungen nicht mehr zur Grundversorgung zählen und setze mich für eine diesbezügliche Wiedereinstufung ein. Auch die 750 Zuschauer bei Großveranstaltungen finde ich problematisch, eine vorgeschriebene Höchstprozentauslastung wäre fairer.



Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Verordnung erst mit 6. Dezember
umzusetzen, dafür aber so ausgearbeitet, dass keine tröpfchenweisen
Nachbesserungen notwendig gewesen wären?

Absolut. Nachbesserungen tragen in keiner Weise zur Planungssicherheit bei. Auf der anderen Seite wurde die Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag abgewartet, die dieses Mal eher den Rahmen gesetzt hat, welche die Länder ausfüllen sollten. Dadurch war eine schnelle Reaktion notwendig, sonst hätten
Bundesverordnungen und die Regelungen der anderen Länder Verwirrung
gestiftet. Sicherlich ist der 4. Dezember aber zu knapp.


Hätte 2 G nicht auch ausgereicht?


Sicher. Deshalb begrüße ich, dass es Ausnahmen für Zweitgeimpfte und
Booster-Impfungen gibt. Das hat drei Gründe:
1. Wir dürfen nicht diejenigen zusätzlich belasten, die mit ihrer Impfung einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten.
2. Eine 2Gplus-Regelung ohne Ausnahme wäre der Todesstoß für den Einzelhandel und die Gastronomie.
3. Wo sollen die ganzen Menschen getestet werden?


Der Vorwurf an die Politik wird lauter, die gleichen Fehler wie zum
Anfang der Pandemie zu machen und die Menschen immer wieder in die
Unplanbarkeit zu werfen. Das trifft auf die Wirtschaft, den Handel, den
Sport und die Gastronomie genauso zu wie auf jeden Einzelnen und dessen
privaten Umfeld. Wie sehen Sie das als Verantwortungsträger aus
politischer Sicht?

Vieles war und ist in dieser Pandemie planbar, vieles allerdings auch nicht. Die Bürger erwarten zu Recht, dass die Punkte, die planbar sind, auch zügig in die Wege geleitet werden. Natürlich muss man auch auf aktuelle Entwicklungen reagieren und einen Plan B und C in der Schublade haben. 


Mit 30. September haben die Impfzentren geschlossen, dann wird kurze
Zeit später 2 G eingeführt. Ich sehe die Schließung der Impfzentren zu
diesem Zeitpunkt als Fehlentscheidung – und Sie?


Zum damaligen Zeitpunkt gab es in manchen Impfzentren ein Dutzend
Erstimpfungen, gleichzeitig haben Virologen die Booster-Impfung in
diesem Jahr nur für ältere Mitbürger notwendig gehalten. Erst die Studie
aus Israel zur nachlassenden Wirkung des Impfstoffs hat die Booster
notwendig gemacht. Aus der damaligen Sicht war die Schließung
nachvollziehbar, aus der jetzigen Sicht falsch.


Jetzt wird über eine Teilimpfpflicht gesprochen, die mit 16. März kommen
soll: Warum „Teil“ und warum so spät?


Da haben Sie recht. Jeden Tag gibt es neue Vorschläge. Es wäre sehr hilfreich, wenn wir eine konkrete Vorlage hätten, über die wir diskutieren können. Zweifellos muss die Impfpflicht vielen Umständen Rechnung tragen, wie beispielsweise Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.



Wieso tut sich Deutschland in Bezug auf eine Impfpflicht im Vergleich zu
anderen Ländern so schwer?


Ich kenne kein Land, welches sich leichttut. Österreich ist momentan das einzige Land in Europa, welches eine allgemeine Impfpflicht beabsichtigt, dort ab Februar 2022. Die Impfgegner machen hiergegen mobil. In Ländern wie Frankreich und Italien gilt auch nur eine Impfpflicht im Gesundheitsbereich, in Italien und Griechenland zusätzlich für Altenheimpersonal. Aus Gründen der Rechtssicherheit
musste eine Impfpflicht erst juristisch überprüft werden.


Sind Sie für eine Impfpflicht?


Ohne eine höhere Impfquote gibt es Corona in der Endlosschleife. Die 2G-Regel hat den Anreiz zu einer Impfung erhöht, nun gilt es mit Experten an einer vernünftigen gesetzlichen Impfpflicht zu arbeiten. Im Hinblick auf die drohende Überlastung auf den Intensivstationen geht es wohl nicht mehr anders. Auch der Ethikrat kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten.


Sind Sie für einen harten Lockdown jetzt zum Jahresende?


Ich bin mir sicher, dass eine konsequente 2Gplus-Regelung mit den Ausnahmen bereits viel bewirkt. Aus den letzten Lockdowns wissen wir aber auch, dass ein Großteil der Infektionen im privaten Umfeld stattfindet, daher finde ich es problematisch, Einrichtungen wie Restaurants, den Einzelhandel oder Theater zu schließen, die nachweislich keine Infektionstreiber sind.


Was muss Ihrer Ansicht nach geschehen, um die Pandemie in den Griff zu
bekommen und vor allem den Menschen ein Stück weit mehr Planbarkeit
zurückzugeben?


1.    Impfen.

2.    Eine konsequente 2G-Plus-Regelung mit den Ausnahmen für
 Zweitimpfungen und Booster-Impfungen innerhalb von sechs Monaten.

3.    Das Angebot kostenloser Corona-Schnelltests erweitern.