Andreas Sturm MdL

Ein Hilferuf der kommunalen Familie nach Stuttgart und Berlin

Marion Gentges MdL, Ministerin für Justiz und Migration, auf Initiative von Andreas Sturm MdL in Reilingen vor Ort / Thema: Kommunen bezüglich der Aufnahme von Flüchtlingen am Anschlag

Reilingen. Auf Initiative des Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) besuchte am vergangenen Donnerstag (17. November 2022) Marion Gentges MdL, die baden-württembergische Ministerin für Justiz und Migration, die Gemeinde Reilingen.

Neben Sturm, der auch offiziell in seiner Funktion als Bürgermeisterstellvertreter der Gemeinde Neulußheim teilnahm, waren ferner Reilingens Bürgermeister Stefan Weisbrod und dessen Bürgermeisterkollegen Thomas Jakob-Lichtenberg (Hockenheim) mit Bauamtsleiterin Nicole Spannagel sowie Uwe Grempels (Altlußheim) präsent. Ferner nahmen Landrat Stefan Dallinger, Doreen Kuss, Dezernentin für Ordnung und Gesundheit des Rhein-Neckar-Kreises, sowie die Reilinger Fraktionsvorsitzenden Peter Kneis (CDU), Sabine Petzold (FW) und Heinrich Dorn an dem Dialog teil, in dessen Mittelpunkt die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbundenen Herausforderungen für die Kommunen, das Land und auch den Bund standen.

V.l.n.r.: Landrat Stefan Dallinger, Landtagsabgeordneter Andreas Sturm, Bürgermeister Stefan Weisbrod, Ministerin Marion Gentges und Reilingens Erdbeer- und Spargelprinzessin Kim I. (Foto: Busse)V.l.n.r.: Landrat Stefan Dallinger, Landtagsabgeordneter Andreas Sturm, Bürgermeister Stefan Weisbrod, Ministerin Marion Gentges und Reilingens Erdbeer- und Spargelprinzessin Kim I. (Foto: Busse)

Bürgermeister Weisbrod stellte im Rahmen einer anschaulichen Präsentation das große Engagement von Reilingen und vieler Reilinger Bürgerinnen und Bürger im Bereich der Flüchtlingspolitik und -hilfe dar. Der Reilinger Rathauschef erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Reilinger mehrmals ukrainische Flüchtlinge mit dem Mannschaftswagen der Freiwilligen Feuerwehr Reilingen in Heidelberg abgeholt hätten, da es dem Rhein-Neckar-Kreis offenbar nicht möglich gewesen sei, diese in die Spargelgemeinde zu fahren. In Reilingen habe es bislang eine herzliche Willkommenskultur gegeben, mittlerweile habe sich „die Stimmung an der Basis gedreht“.

Mit dazu beigetragen habe die Nachricht, dass der Rhein-Neckar-Kreis in Reilingen eine Containeranlage für 324 Flüchtlinge errichten wolle. „Das war ein Moment, an welchem man an seine Grenzen kommt“, sagte Weisbrod, der die Ministerin daran erinnerte, „dass das Land auch eigene Flächen hat.“

Dreimal versagte die Gemeinde das Einvernehmen zu der Errichtung der Containeranlage, mit einer „Stoppschild-Aktion“ machte Reilingen die Öffentlichkeit auf diesen Vorgang aufmerksam.

„Das war ein Hilferuf der kommunalen Familie nach Stuttgart und Berlin. Es ging um nichts anderes, als um die Glaubwürdigkeit unseres Handelns“, sagte Weisbrod.

Nach aktueller Sachlage sollen nun maximal 178 Personen in der Containeranlage und 70 auf dem Gelände des ehemaligen Penny untergebracht werden.

Landrat Stefan Dallinger zeigte Verständnis für das Vorgehen der Gemeinde Reilingen: „Das war ein Wachrütteln, dieses Signal ist angekommen.“ Der Zustrom sei zu groß, hier müsse es zu Änderungen kommen. Die Lage bezüglich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMA) sei sehr schwierig. Aus diesem Grund schlug der Landrat gegenüber Gentges auch eine Landesaufnahmestelle für UMAs vor. "Das ist unser dringender Wunsch", so Dallinger.

Ministerin Marion Gentges ging in ihrer Stellungnahme zunächst auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine ein, der nun fast neun Monate dauere. Der Krieg habe mit 7,8 Mio. Menschen zu der größten Fluchtbewegung Europas geführt. Innerhalb der Ukraine seien ferner über 6 Mio. Menschen auf der Flucht.

Baden-Württemberg habe 139.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen, ferner noch etwa 22.000 Asylbewerber und rund 3.000 Menschen aufgrund weiterer humanitärer Gründe. "In den letzten 10 Monaten haben wir damit in Baden-Württemberg 164.000 aufgenommen. Zum Vergleich: Bei der Flüchtlingkrise 2015 waren es 102.000 innerhalb eines Jahres", sagte Gentges.

Gentges weiter: "Wir stoßen an objektive Grenzen - räumlich, personell und finanziell." Wiederum Hallen zu belegen, sei aus zwei Gründen nicht optimal: Zum einen seien viele Hallen in den letzten Jahren nicht nutzbar gewesen wegen Flüchtlingen oder wegen Corona, zum anderen hätten dort untergebrachte Menschen keine Privatsphäre. Dies führe zu sozialen Spannungen. Auch die gesellschaftliche Gesamtsituation sei angesichts der derzeitigen Inflation und hoher Preise für Energie sehr angespannt.

Hinsichtlich der Aufnahme von Flüchtlingen brauche man eine europaweite Lösung. Es könne nicht sein, dass Baden-Württemberg mittlerweile mehr Flüchtlinge aufgenommen habe als das Nachbarland Frankreich (100.000).

Andreas Sturm MdL warnte wie auch weitere Redner davor, die Kommunen zu überlasten: "Wir alle wissen, dass die Aufgabe zur Aufnahme von Geflüchteten unserem Land per Bundesgesetz übertragen worden ist. Wir sind daher dazu verpflichtet, dies zu leisten. Klar ist aber: Unsere Kommunen stehen unter Druck und stoßen an ihre Grenzen. Das ist Fakt. Ich danke in diesem Zusammenhang allen Haupt- und Ehrenamtlichen, die weit mehr leisten, als sie müssen. Respekt und Anerkennug für Ihre herausragende Arbeit."

Zu Beginn der Veranstaltung hatten sich Justizministerin Gentges als auch Landrat Dallinger in das Goldene Buch der Gemeinde Reilingen eingetragen. (Busse)